Land Ohne Horizont: Reisen In Das Unentdeckte Tibet

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=Country with no horizon. Travel to the undiscovered Tibet
Kennen Sie Changtang? Jene Hochebene, die mit einer Fläche der fünffachen Ausmaße Frankreichs das weltweit zweitgrößte unberührte ökologische Gebiet nach der Antarktis darstellt? Nein? Keine Sorge, Sie müssen sich nicht schämen, denn das fast durchgehend auf über 5.000 Metern Höhe gelegene Hochland im Südwesten von Tibet ist den wenigsten Europäern ein Begriff. Von persönlichen Erfahrungen ganz zu schweigen. Bislang haben angeblich nicht mehr als ein Dutzend Europäer den Fuß dorthin gesetzt. Einer dieser wenigen ist der in Paris geborene Ethnologe Michel Peissel, der sich schon durch mehrere spektakuläre Expeditionen einen Ruf als unerschrockener Abenteurer erworben hat. Seiner Forschungs- und Abenteurervita setzt er nun die Krone auf, indem er als erster Europäer die gesamte Hochebene von Ost nach West durchquerte. Das sind mehr als 1.300 Kilometer. Während dieser Tour durch das "Land ohne Horizont" lernt er nicht nur die unberührte Natur kennen, sondern auch die Sengo-Nomaden, die nach wie vor wie in der Vorzeit leben. Da er die Sprache der Nomaden beherrscht, erfährt er vieles, was anderen Forschern verborgen bleibt. Ein Umstand, von dem die Leser profitieren. Doch sein Buch ist viel mehr als eine normale Reiseerzählung. Seit vier Jahrzehnten reist der Völkerkundler immer wieder in die Himalaya-Region, sodass er über Land und Leute, über Kultur, Natur und Geschichte viele interessante Dinge zu berichten weiß. Weit abseits der üblichen Touristenklischees beschreibt er auf tiefsinnige und nie langweilige Weise eine vom Untergang bedrohte Kultur und einen einzigartigen Lebensraum für Tiere. Hauptdarsteller in dieser Sparte sind der kaum erforschte und dem Autor leibhaftig begegnete Tibet-Grizzly sowie die weltweit größte Rinderart, das Wildyak. Peissel will mit seinen Berichten bestimmt nicht Touristenmassen nach Westtibet locken. Vielmehr versucht er unablässig, über die wahren Greueltaten der Chinesen in Tibet in den vergangenen Jahren aufzuklären und über die Ausmaße der Demütigung zu informieren. Da er diesbezüglich starke Kritik an der chinesischen Regierung übt, wundert man sich mitunter, wie Peissel überhaupt immer wieder die Einreise genehmigt wurde. Die Kritik richtet sich aber auch gegen westliche Regierungen und die Uno. Insgesamt ist dem großen Abenteurer mit Land ohne Horizont vielleicht sein schönster Reisebericht gelungen: der Blick in ein gänzlich abgeschiedenes Land mit von der modernen Welt vergessenen Menschen und Tieren. Es lohnt sich, seinen aufmerksamen und scharfen Blicken zu folgen, denn es lohnt sich einfach, Changtang kennen zu lernen -- wenn auch "nur" anhand der Erzählungen. --Christian Haas