Psychiatrie Und Drogensucht

0/5 ( ratings)

Dieses Buch greift eine sehr häufig bestehende, aber bisher zu wenig beachtete Problematik auf: die Versorgung Drogenabhängiger als interdisziplinäre Herausforderung an Medizin und psychosoziale Suchthilfe. Zumeist arbeiten Ärzte und Therapeuten bestenfalls nacheinander mit den Betroffenen, nur in Ausnahmefällen findet eine Zusammenarbeit statt. Besonders bemerkenswert an diesem Buch ist, dass Autoren aus beiden Fachbereichen über ihre Erfahrungen berichten. Es herrscht Konsens darüber, dass die mangelnde Zusammenarbeit für Drogenabhängige ein Stressor ist, der häufig zu Therapieabbrüchen beziehungsweise Rückfällen führt. Doch warum ändert sich an der gegenwärtigen Situation nichts, wenn die Nachteile der aktuellen Versorgung auf der Hand liegen? Welche strukturellen und systemischen Barrieren verhindern ein optimales Zusammenarbeiten? Wie könnte eine Lösung aussehen, die allen Beteiligten Frustrationen erspart? Erste Annäherungen zwischen Psychiatrie und Drogenhilfe haben sich in den letzten Jahren bei der Substitutionsbehandlung ergeben. Es werden aber noch viele Schritte notwendig sein, damit die Versorgungssituation hier zu Lande internationale Standards erreicht. Die Autoren berichten über Studien, die eine verbesserte Effizienz der Therapie offerieren, für den Fall, dass nicht nur das Drogenproblem, sondern auch andere psychische Störungen behandelt werden. Immerhin werden Letztere bei zirka 60 Prozent der Drogenabhängen diagnostiziert. Die drei häufigsten psychiatrischen Diagnosen bei Substanzmittelabhängigen sind antisoziale Persönlichkeitsstörung, generalisierte Angststörung und Depression. Setzt man die Forschungsergebnisse bezüglich Komorbidität ins Verhältnis zu den durchschnittlich 30.000 Entzugsbehandlungen pro Jahr, die in Deutschland durchgeführt werden, wird das Ausmaß der problematischen Versorgungslage deutlich. Das Buch beinhaltet in prägnanter Form wesentliche Studienergebnisse und institutionsinterne Erfahrungen aus dem Bereich Drogensucht. Es ist hochinteressant, diese verschiedenen Positionen kennen zu lernen! Ein Bemühen um die Verbesserung derzeitiger Behandlungsangebote ist deutlich erkennbar, und die Autoren begründen ihre Vorschläge vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen. Die einzelnen Beiträge bieten eine hervorragende Grundlage, über praktikable Veränderungen auf diesem Gebiet nachzudenken. Und die sind dringend nötig! --Birgit Jahn