Natürlich war auch Anneliese verheiratet. Ihr Mann Hardy war kränklich, man gab ihm nicht mehr lang zu leben. Gemeinsam mit Lore, deren Gatte mit einer Jüngeren vom Lande durchgebrannt war, plante sie eine Frauen-WG in ihrem schmucken Haus. Aber Hardy erwies sich als überaus zählebig -- bis er in den neunziger Jahren seine Vorliebe für Bärlauch entwickelte. Jeden Tag musste Anneliese ihm eine cholesterinsenkende Suppe aus dem Mode-Retro-Gemüse brauen, und eines Tages rutschte dann aus Versehen eben etwas Herbstzeitlose in die Mischung. Hardy löffelte sie mit bestem Appetit bis zum bitteren Ende, heißt es in Ingrid Nolls Roman Ladylike. Nun, man konnte ihr wirklich keine böse Absicht unterstellen, nicht einmal die Polizei. Verdächtig war höchstens, dass sie selbst die bewusste Delikatesse nicht angerührt hatte. So oder so stand der gemeinsamen WG nun nichts und niemand mehr im Wege. Gegen Männer ist bei Noll halt immer ein Kraut gewachsen. Inzwischen sind die rüstigen Freundinnen Lore und Anneliese glücklich zusammengezogen. Aber es zieht sie auch hinaus in die Welt. Und so brechen sie, längst jenseits der 70, aus ihrem Alltag aus, um Erfahrungen zu sammeln, die ihre sießige Jugend ihnen verwehrte, alte Jugendfreunde aufzusuchen, sich in Bewusstseinsentgrenzung mit Hilfe von Drogen zu üben und von lebensgefährlich hohen Brücken zu springen . Das alles ist überaus amüsant zu lesen, vor allem wegen des vor Humor und doppelbödiger Lakonie nur so sprudelnden Noll'schen Stils, den wir schon bei Romanen wie Die Häupter meiner Lieben, Der Hahn ist tot oder Die Apothekerin schon schätzen lernten. Alte Liebe rostet nicht, steht in Ladylike, aber schimmelig kann sie werden. Noll Romane sind da anders. Die sind auch noch im zwanzigsten Aufguss des Themas frisch und originell. --Stefan Kellerer
Natürlich war auch Anneliese verheiratet. Ihr Mann Hardy war kränklich, man gab ihm nicht mehr lang zu leben. Gemeinsam mit Lore, deren Gatte mit einer Jüngeren vom Lande durchgebrannt war, plante sie eine Frauen-WG in ihrem schmucken Haus. Aber Hardy erwies sich als überaus zählebig -- bis er in den neunziger Jahren seine Vorliebe für Bärlauch entwickelte. Jeden Tag musste Anneliese ihm eine cholesterinsenkende Suppe aus dem Mode-Retro-Gemüse brauen, und eines Tages rutschte dann aus Versehen eben etwas Herbstzeitlose in die Mischung. Hardy löffelte sie mit bestem Appetit bis zum bitteren Ende, heißt es in Ingrid Nolls Roman Ladylike. Nun, man konnte ihr wirklich keine böse Absicht unterstellen, nicht einmal die Polizei. Verdächtig war höchstens, dass sie selbst die bewusste Delikatesse nicht angerührt hatte. So oder so stand der gemeinsamen WG nun nichts und niemand mehr im Wege. Gegen Männer ist bei Noll halt immer ein Kraut gewachsen. Inzwischen sind die rüstigen Freundinnen Lore und Anneliese glücklich zusammengezogen. Aber es zieht sie auch hinaus in die Welt. Und so brechen sie, längst jenseits der 70, aus ihrem Alltag aus, um Erfahrungen zu sammeln, die ihre sießige Jugend ihnen verwehrte, alte Jugendfreunde aufzusuchen, sich in Bewusstseinsentgrenzung mit Hilfe von Drogen zu üben und von lebensgefährlich hohen Brücken zu springen . Das alles ist überaus amüsant zu lesen, vor allem wegen des vor Humor und doppelbödiger Lakonie nur so sprudelnden Noll'schen Stils, den wir schon bei Romanen wie Die Häupter meiner Lieben, Der Hahn ist tot oder Die Apothekerin schon schätzen lernten. Alte Liebe rostet nicht, steht in Ladylike, aber schimmelig kann sie werden. Noll Romane sind da anders. Die sind auch noch im zwanzigsten Aufguss des Themas frisch und originell. --Stefan Kellerer