Read Anywhere and on Any Device!

Subscribe to Read | $0.00

Join today and start reading your favorite books for Free!

Read Anywhere and on Any Device!

  • Download on iOS
  • Download on Android
  • Download on iOS

Beten - ein mentales Training?

Beten - ein mentales Training?

Claus Malatiésta
0/5 ( ratings)
Wer in europäisch südlichen Ländern, aber selbst in einigen Kirchen der Weltmetropole Paris den Rosenkranz, also eine Folge des "Ave Marias", im Chor und meist von Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft gesprochen hört, gewinnt sehr schnell den Eindruck einer meditativen Rezitation, die die Beteiligten in eine gehobene Stimmungslage versetzt. Wie in der Untersuchung dargelegt werden wird, läßt sich ein vergleichbares Phänomen auch beim mittelalterlichen Text der Mechthild von Magdeburg feststellen, die als Mystikerin in die Literaturgeschichte einging.

Aus beidem ließe sich schließen, daß zumindest bei in choraler Repetition vollzogenen Gebeten sich tatsächlich so etwas wie ein mentales Training vollzieht. Gleichwohl wird man sagen müssen, daß Funktion und Wirkung des Gebetes weit darüber hinausreichen, selbst wenn man das Beten als Instrumentarium einer mentalen Einstimmung zu qualifizieren geneigt ist. Das Entscheidende des Gebetes besteht letztlich in einer Art Konfrontation des menschlichen Ichs mit sich selbst, vollzogen im Gespräch mit einem hinzugedachten oder als wirklich erfahrenen Gott, also einer Transzendenz.

Bereits die biblische Anweisung, so vorzugehen, als habe man das von göttlicher Einwirkung Erbetene schon erhalten, um es dann auch tatsächlich verfügbar zu haben, legt ein Procedere des Betens nahe, mit der eine Umschichtung der menschlichen Erwartungshaltung vollzogen wird. In letzter Konsequenz geht es dabei nicht mehr um die Veränderung von äußeren Verhältnissen, vielmehr um eine Veränderung des Bewußtseins bei unveränderlich erscheinenden Gegebenheiten. Damit entgeht man zugleich dem Problem nicht erfüllter Gebets-Wünsche. Doch wäre letzteres zweifellos als zu einfach ausgedrückt.

Wenn das Gebet zu einer revolutionären Kraft wird, dann besteht sie in dieser Veränderung der Sichtweise, die sich aus der Reflexion des Ich zu sich selbst ergibt . Damit verändern sich zwar nicht die Gegebenheiten selbst, wohl aber das Verhalten zu ihnen.
Language
English
Pages
15
Format
Kindle Edition
Release
January 15, 2014

Beten - ein mentales Training?

Claus Malatiésta
0/5 ( ratings)
Wer in europäisch südlichen Ländern, aber selbst in einigen Kirchen der Weltmetropole Paris den Rosenkranz, also eine Folge des "Ave Marias", im Chor und meist von Frauen unterschiedlichen Alters und Herkunft gesprochen hört, gewinnt sehr schnell den Eindruck einer meditativen Rezitation, die die Beteiligten in eine gehobene Stimmungslage versetzt. Wie in der Untersuchung dargelegt werden wird, läßt sich ein vergleichbares Phänomen auch beim mittelalterlichen Text der Mechthild von Magdeburg feststellen, die als Mystikerin in die Literaturgeschichte einging.

Aus beidem ließe sich schließen, daß zumindest bei in choraler Repetition vollzogenen Gebeten sich tatsächlich so etwas wie ein mentales Training vollzieht. Gleichwohl wird man sagen müssen, daß Funktion und Wirkung des Gebetes weit darüber hinausreichen, selbst wenn man das Beten als Instrumentarium einer mentalen Einstimmung zu qualifizieren geneigt ist. Das Entscheidende des Gebetes besteht letztlich in einer Art Konfrontation des menschlichen Ichs mit sich selbst, vollzogen im Gespräch mit einem hinzugedachten oder als wirklich erfahrenen Gott, also einer Transzendenz.

Bereits die biblische Anweisung, so vorzugehen, als habe man das von göttlicher Einwirkung Erbetene schon erhalten, um es dann auch tatsächlich verfügbar zu haben, legt ein Procedere des Betens nahe, mit der eine Umschichtung der menschlichen Erwartungshaltung vollzogen wird. In letzter Konsequenz geht es dabei nicht mehr um die Veränderung von äußeren Verhältnissen, vielmehr um eine Veränderung des Bewußtseins bei unveränderlich erscheinenden Gegebenheiten. Damit entgeht man zugleich dem Problem nicht erfüllter Gebets-Wünsche. Doch wäre letzteres zweifellos als zu einfach ausgedrückt.

Wenn das Gebet zu einer revolutionären Kraft wird, dann besteht sie in dieser Veränderung der Sichtweise, die sich aus der Reflexion des Ich zu sich selbst ergibt . Damit verändern sich zwar nicht die Gegebenheiten selbst, wohl aber das Verhalten zu ihnen.
Language
English
Pages
15
Format
Kindle Edition
Release
January 15, 2014

Rate this book!

Write a review?

loader