Daß eine globalisierte Welt Regeln des Zusammenlebens derer bedarf, die diese Welt ausmachen, dürfte unstrittig sein. Die Frage jedoch ist, wie sich ein solches weltumspannendes Regelwerk begründen läßt. Man denke nur daran, wie schwierig es sich gestaltet , allein für die Menschenrechte eine universale Gültigkeit herzustellen.
Die Schwierigkeit beginnt bereits mit dem Begriff "Weltethos"; denn Geographie ist zunächst einmal nicht ein Grundbestandteil der Ethik. Die Welt mag zwar der Ort ihrer Anwendung, nicht aber das Subjekt ihrer Verwirklichung sein. Bei ethischen Problemen sind zunächst zwei Aspekte von Bedeutung: der Inhalt und die Geltung einer ethischen Regelung. Deren Ausarbeitung folgt gewöhnlich aus einer philosophischen und religiösen Reflexion. Der juristische Anteil beschränkt sich dabei auf die Codifizierung, nicht auf den Inhalt, insoweit Ethik und Recht in einer hierarchischen Ordnung zueinander bestehen, was heißen will, daß Recht nur eine Auslegung der Ethik ist, nicht umgekehrt. Der Maßstab des geltenden Rechts ist stets die Ethik; auch hierin gilt nicht die Umkehrung.
Wenn es zutrifft, daß bei der Formulierung einer Ethik Religion und Philosophie die Grundlagen bilden, so ist deren Part jedoch recht unterschiedlich geformt: für die philosophische Reflexion ist Vernunft und Vernünftigkeit die Basis; für den Bereich der Religion gilt die transzendente Bezogenheit. Letztere führt zu einem Dritten: der Auslegungsform des Glaubens. Dort, wo Religion einen wesentlichen Teil einer Sache ausmacht, kommt ein Wirkungsmoment hinzu, das von der Vernunft her nicht in jedem Falle begreifbar ist.
Für ein Weltethos würde darüber hinaus Bedingungen gelten, die für die Verwirklichung jeder ethischen Regelung an die Grenze ihrer Praktikabilität führen: Da Ethik stets den Einzelnen betrifft, ist ihre Verwirklichung an dessen soziale Bedingungen gebunden. Beispielsweise ist das St.-Martins-Motiv des geteilten Mantels davon abhängig, ob der, dem es theoretisch zu verwirklichen obliegt, diesen Mantel überhaupt besitzt. Woraus folgt, daß ein Weltethos die sozialen Bedingungen der Verwirklichung von Ethik zuvor hergestellt haben müßte, um nicht eine Ethik der Begüterten zu werden.
Die politische Herstellung ethisch begründeter Regelungen geschieht in Demokratien über Mehrheitsverhältnisse. Im Anhang zu dieser Untersuchung wird am Fall der Ethik-Kommissionen der Frage nachgegangen, ob Ethik überhaupt einer demokratischen Beschlußfassung unterliegen kann und darf.
Pages
34
Format
Kindle Edition
Release
January 15, 2014
Schwierigkeiten mit dem Weltethos Grundlinien eines Humanums in der globalisierten Welt
Daß eine globalisierte Welt Regeln des Zusammenlebens derer bedarf, die diese Welt ausmachen, dürfte unstrittig sein. Die Frage jedoch ist, wie sich ein solches weltumspannendes Regelwerk begründen läßt. Man denke nur daran, wie schwierig es sich gestaltet , allein für die Menschenrechte eine universale Gültigkeit herzustellen.
Die Schwierigkeit beginnt bereits mit dem Begriff "Weltethos"; denn Geographie ist zunächst einmal nicht ein Grundbestandteil der Ethik. Die Welt mag zwar der Ort ihrer Anwendung, nicht aber das Subjekt ihrer Verwirklichung sein. Bei ethischen Problemen sind zunächst zwei Aspekte von Bedeutung: der Inhalt und die Geltung einer ethischen Regelung. Deren Ausarbeitung folgt gewöhnlich aus einer philosophischen und religiösen Reflexion. Der juristische Anteil beschränkt sich dabei auf die Codifizierung, nicht auf den Inhalt, insoweit Ethik und Recht in einer hierarchischen Ordnung zueinander bestehen, was heißen will, daß Recht nur eine Auslegung der Ethik ist, nicht umgekehrt. Der Maßstab des geltenden Rechts ist stets die Ethik; auch hierin gilt nicht die Umkehrung.
Wenn es zutrifft, daß bei der Formulierung einer Ethik Religion und Philosophie die Grundlagen bilden, so ist deren Part jedoch recht unterschiedlich geformt: für die philosophische Reflexion ist Vernunft und Vernünftigkeit die Basis; für den Bereich der Religion gilt die transzendente Bezogenheit. Letztere führt zu einem Dritten: der Auslegungsform des Glaubens. Dort, wo Religion einen wesentlichen Teil einer Sache ausmacht, kommt ein Wirkungsmoment hinzu, das von der Vernunft her nicht in jedem Falle begreifbar ist.
Für ein Weltethos würde darüber hinaus Bedingungen gelten, die für die Verwirklichung jeder ethischen Regelung an die Grenze ihrer Praktikabilität führen: Da Ethik stets den Einzelnen betrifft, ist ihre Verwirklichung an dessen soziale Bedingungen gebunden. Beispielsweise ist das St.-Martins-Motiv des geteilten Mantels davon abhängig, ob der, dem es theoretisch zu verwirklichen obliegt, diesen Mantel überhaupt besitzt. Woraus folgt, daß ein Weltethos die sozialen Bedingungen der Verwirklichung von Ethik zuvor hergestellt haben müßte, um nicht eine Ethik der Begüterten zu werden.
Die politische Herstellung ethisch begründeter Regelungen geschieht in Demokratien über Mehrheitsverhältnisse. Im Anhang zu dieser Untersuchung wird am Fall der Ethik-Kommissionen der Frage nachgegangen, ob Ethik überhaupt einer demokratischen Beschlußfassung unterliegen kann und darf.